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Vom Hinfallen – und wieder Aufstehen

27. November 2019

Wir berichten immer von unseren Erfolgen und den vielen schönen Geschichten, die kein Abseits! in über acht Jahren schon geschrieben hat. Was wir nicht so häufig teilen, sind die vielen Momente der Ungewissheit, der Sorgen, der Rückschläge und auch mal der Enttäuschung. Doch weil gerade diese Momente auch dazu gehören und vor allem das Umgehen mit ihnen genauso die Entwicklung unseres Vereins prägen, möchte ich mit euch heute mal einen anderen – durchaus auch verletzlichen – Teil von kein Abseits! und mir als Sozialunternehmerin teilen.

In den letzten acht Jahren haben wir viel daran gearbeitet, Wirkungsbelege zu sammeln, unser Konzept zu verfeinern und unsere Angebot zu erweitern und zu optimieren, damit die Aktivitäten unseres Vereins besonders wirkungsvoll, bedarfsorientiert und partizipativ sind.

Nach viel positivem Feedback und der ständig wachsenden Nachfrage, haben wir letztes Jahr gefühlt: Wir sind jetzt bereit. Wir wollen einen weiteren Standort in einem anderem  Berliner Stadtteil eröffnen!
Eine umfangreicher Analyse machte klar: Der neue Standort soll in Lichtenberg Nord entstehen.

Bei ersten Netzwerk- und Kooperationsbemühungen wurde diese Wahl vor Ort freudig begrüßt. Gleichzeitig konnten wir Phineo und Susanne Klatten überzeugen, 50% der Kosten für den Start zu übernehmen. Uns fehlte nur noch ein weiterer Förderpartner.
Selbstbewusst machten wir also unsere restlichen Hausaufgaben: Wir konzipierten ein Pilotprojekt, fanden eine wundervolle Person, die das Projekt mit uns umsetzen würde und schrieben einen unserer besten Anträge überhaupt. Nach erstem sehr gutem Feedback eines potenziellen Fördermittelgebers waren wir sehr positiv gestimmt. Umso unerwarteter und unvorbereiteter traf uns einige Monate später dann die herbe und klare Absage. Das Feedback und die Erläuterung dazu waren kurz und kaum verständlich – für uns ebenso wie für unseren Ansprechpartner. Auch die sonst übliche Chance, den Antrag zu überarbeiten, wurde von vornherein ausgeschlossen.

Nach dem ersten „Fallen“, der herben Enttäuschung und ein paar Gesprächen mit unserem Team und einer vertrauten Mentorin aus dem sozialen Sektor, fingen wir uns wieder: Wir schrieben mit viel Herzblut, Verstand, Schreibgeschick und der ein oder anderen Nachtschicht zwei weitere Anträge. Zwei weitere Absagen folgten. Mit ihnen wuchs die Verzweiflung: Wie konnte es sein, dass wir mit unserer bisher besten Vorbereitung, den aussagekräftigsten Wirkungsbelegen, einem einleuchtenden Bedarf und einer 50%-igen Kofinanzierung keine finanzielle Unterstützung fanden?!
Wir entschieden uns für einen Strategiewechsel: Statt nach einer großen suchten wir nun nach mehreren kleinen Finanzierungen.

Zu diesem Zeitpunkt starteten wir in einem neuen Förderprogramm, bei dem es neben Business-Coaching zusätzlich 3 x 15.000 Euro Preisgeld zu gewinnen gab. Mit der Kofinanzierung wären dies bereits 30.000 Euro für unseren neuen Standort gewesen. Uns packte also erneut der Ehrgeiz: Zusammen mit einer Mentorin setzten wir uns ambitionierte Ziele und powerten die 2,5 Monate des Programms durch. Wir übertrafen unsere Erwartungen, feilten wochenlang an der perfekten Präsentation für das Abschlussevent und liefen jede extra Meile. Als wir dann beim Wettbewerb in den vorgegebenen fünf Minuten den Hintergrund unseres Vereins, unsere Wirkung und unsere Ziele auf dem Pitch-Teller in voller Pracht präsentierten, erhielten wir von allen Seiten Lob: Mehr hätten wir nicht machen können und das Ergebnis könnte sich sehen lassen, so der Tenor.
Und trotzdem: Als die Juryentscheidung verkündet wurde, waren wir nicht unter den Gewinnern. Wir bekamen den Eindruck, als hätte man sich gegen uns entschieden, weil man der Meinung war, wir schaffen es auch ohne dieses Preisgeld.

Selten habe ich persönlich so eine Enttäuschung verspürt! Ich befand mich inmitten eines Wechselbades der Gefühle. Selbstzweifel, Wut und Erschöpfung hagelten nur so über mich herein: Sind wir nicht gut genug? Was haben wir falsch gemacht? Warum werden wir erneut abgelehnt?

Als die Wogen der Emotionen sich langsam legten, begann die Reflexion: Wir befinden uns gerade in einem schwierigen Stadium der Organisationsentwicklung. Wir sind nicht mehr so frisch und klein, als dass wir den Bonus der jungen und unerfahrenen Gründer*innen genießen. Wir sind aber gleichzeitig auch nicht groß und etabliert genug, als dass unsere Finanzierung sicher und nachhaltig wäre. Mein Gedankenkarussel setzte wieder ein:

Was bedeutet das? Ergibt das alles überhaupt noch Sinn? Ist das ein Unternehmen auf Zeit und stehen wir nach dem Erfolg der letzten Jahre auf einmal ohne nachhaltige Perspektive da? Lohnt es sich, dass ich seit über acht Jahren so viel meiner Lebensenergie, meiner Leidenschaft, meiner Freizeit, meiner Nächte in dieses vielleicht doch sehr vergängliche Projekt stecke?

 Zum Glück holten mich besondere kein Abseits!-Begegnungen schnell wieder zurück in die Realität und bewiesen mir, dass wir nicht nur auf dem Papier wirksam sind, sondern das Leben vieler Menschen berühren und verändern. Das zeigte sich in meinem wundervollen Team, das voller Mitgefühl mit mir trauerte, meine Wut und meinen Frust teilte und mir wieder Mut machte. Das zeigte sich bei dem Auswertungsgespräch eines unserer Tandems, bei dem die Mentee erzählte, dass neben ihren Eltern ihre Mentorin für sie die wichtigste Person im Leben sei. Und das zeigte sich bei einem Workshop mit unseren jugendlichen „Allstars“, bei dem alle unabhängig voneinander auf die Frage, was kein Abseits! für sie bedeute, mit „Familie“ antworteten.

Diese Erlebnisse verdeutlichten mir, dass wir trotz aller Rückschläge nicht aufgeben sollten! Denn das, was kein Abseits! tut, stiftet Sinn und es sollen noch viel mehr Menschen die Chance bekommen, Teil unserer Familie zu werden! Ich habe daher beschlossen, wieder aufzustehen und ich möchte mich an dieser Stelle an euch – unsere Community und Familie – wenden und um eure Ideen und Hilfe bitten.

Wir suchen nach Antworten: Warum scheitern wir gerade?
Wir suchen nach Ideen: Wie können wir unseren neuen Standort finanzieren?
Wir suchen nach Spendenpat*innen: Kannst du dir vorstellen, uns einmalig oder regelmäßig finanziell zu unterstützen?

Lass uns gemeinsam wieder aufstehen und dafür sorgen, dass egal, wie viele Rückschläge wir einstecken müssen, kein Abseits! weiter wirken und gesund wachsen kann!