Wir müssen immer so viel kämpfen – Jetzt erst recht oder doch zu viel?

15.12.2025

2025 – das Jahr der Schlange: Abschiede, Loslassen und Raum für Entwicklung

2025 war das „Jahr der Schlange“ – ein Sinnbild für Veränderung, Loslassen, das Abstreifen der alten Haut, aber auch für innere Entwicklung und Einkehr. Ob man an solche Deutungen glaubt oder nicht: für kein Abseits! war 2025 ohne Zweifel ein Jahr des Wandels. Es war geprägt von Veränderungen, von wichtigen Erkenntnissen und von Abschieden. Und doch entsteht mit jedem Loslassen auch Raum für Neues. So starten wir in unser 15. Jahr mit mehr Klarheit, aber auch mit konkreten Fragen zur Zukunftsfähigkeit unserer Organisation, die es zu beantworten gilt.

Ein schwieriger Start: Unsicherheiten und finanzielle Lücken

Wir sind mit vielen Unsicherheiten, finanziellen Lücken und großer Erschöpfung ins Jahr gestartet. Seit Herbst 2024 hatten wir – stärker als in den Jahren zuvor – zu kämpfen. Wie viele andere Träger und Projekte waren auch wir von Kürzungen des Berliner Senats bedroht. Wir gingen auf die Straße, reichten Stellungnahmen ein, führten zahlreiche Gespräche, demonstrierten und warben um Spenden. Dieses politische Engagement begleitete uns auch durch das gesamte Jahr 2025, denn: Jugendarbeit ist #unkürzbar!

Wir sind dankbar für die Kolleg*innen der anderen Träger, mit denen wir uns mehr denn je solidarisiert haben in dieser Zeit sowie für die erfahrene Unterstützung von einigen Mitstreiter*innen aus Politik & Verwaltung auf Bezirksebene – war doch die Lage für alle mehr als angespannt und belastend.

Nichtsdestotrotz starteten wir mit einer erheblichen Finanzierungslücke ins Jahr, insbesondere im Mentoringprogramm. Dank einer Großspende Ende 2024 konnten wir dieses zunächst über die ersten Monate retten. Ein erster Erfolg im Bußgeldfundraising verschaffte uns anschließend etwas Luft. Insgesamt war 2025 jedoch mehr denn je geprägt von strategischem Puzzeln, permanentem Nachkalkulieren und Bangen. Als wir im zweiten Quartal schließlich einen Großteil der Lücken schließen konnten, blieb kaum Zeit zum Durchatmen – die Projektarbeit lief ununterbrochen weiter. Gleichzeitig waren unsere ohnehin sehr begrenzten Rücklagen weiter geschrumpft.

Veränderungen in den Projekten und mehr Jugendbeteiligung denn je

Ende 2024 mussten wir ein größeres Projekt im Jugendbereich aufgeben und wussten zunächst nicht, wie wir diese Lücke füllen würden. Klar war jedoch: Wir wollten uns wieder stärker an unserer Mission orientieren und auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagieren – insbesondere durch mehr Jugendbeteiligung und politische Bildung.

Umso erfreulicher war es, dass wir im Frühjahr 2025 mit unserem Konzept ausgewählt wurden, das Kinder- und Jugendparlament Reinickendorf aufzubauen. Der politische Druck war hoch, unsere Motivation und unser Engagement aber ebenso. Die Ergebnisse sprechen für sich – ein Blick auf die Kanäle des Reinickendorfer Fuchs-Parlaments lohnt sich.

Auch darüber hinaus haben wir 2025 so viel Jugendbeteiligung gefördert wie nie zuvor: Neben dem QuäX-Kinderrat gibt es nun auch einen Kinderrat in Lichtenberg. Jugendliche übernehmen zunehmend Verantwortung in ihren mitverwalteten Jugendtreffs, und in Reinickendorf entsteht mit dem Projekt „Meine Base. Mein Kiez.“ ein neuer Ort, der von Jugendlichen von Grund auf mitgestaltet und perspektivisch selbst verwaltet werden kann. Erstmals waren Jugendliche zudem an Bewerbungsverfahren für neue Mitarbeitende beteiligt und gestalteten diese aktiv mit.

Diese Erfahrungen bestätigen uns darin, wie viel Jugendliche bewegen können – und dass sie als Expert*innen ihrer eigenen Lebenswelt viel stärker einbezogen werden sollten, wie es auch Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention fordert. Bei kein Abseits! sind wir diesem Anspruch 2025 ein Stück näher gekommen und wollen diesen Weg weitergehen. Besonders stolz macht uns, dass vier unserer Jugendlichen seit Ende 2024 für ihr Engagement mit dem Reinickendorfer bzw. Lichtenberger Ehrenamtspreis ausgezeichnet wurden.

Wirkung, Engagement und Dankbarkeit

Auch jenseits des Jugendbereichs durften wir 2025 wieder viele Kinder und Jugendliche begleiten und zahlreiche Angebote umsetzen. Einige Highlights waren, z.B. zwei Sommercamps, eine JuLeiCa-Ausbildung, 78 Mentoring-Tandems, wöchentliche Gruppenangebote an sechs Tagen pro Woche – standortgebunden im QuäX und im Kieztreff ReLAX sowie mobil mit dem Spiele-Star und der EULe – sowie eine neue Medien-AG.

All dies war nur möglich dank rund 150 Freiwilligen, die sich auch 2025 meist wöchentlich engagiert haben. Ihr seid einfach spitze!

Abschiede von Orten, Projekten und Menschen

2025 war jedoch auch ein Jahr der Abschiede. Zu Beginn des Jahres gaben wir das Tiny House in Reinickendorf Nord weiter. Trotz intensiver Suche mussten wir zudem den Jugend-Container im AVA-Kiez räumen, da sich kein geeigneter neuer Standort finden ließ. Besonders schmerzlich war der Auszug aus dem Kieztreff ReLAX im Herbst aufgrund einer umfassenden Sanierung des Gebäudes für voraussichtlich anderthalb Jahre. Die aktuelle Übergangslösung mit Containern und verstärkten Kooperationen im Sozialraum fordert das Team sehr.

Auch von einigen langjährigen Mitarbeitenden mussten wir uns verabschieden, die nach sieben oder acht Jahren bei kein Abseits! neue Wege einschlagen. Wir danken euch von Herzen – ihr werdet uns sehr fehlen! Gleichzeitig freuen wir uns über die neuen Kolleg*innen, die unser Team bereits verstärken oder bald dazukommen werden. Einen kleinen Generationenwechsel zu erleben, ist nicht leicht, aber auch eine Chance.

Der Spiele-Star an den Unterkünften – eine ungewisse Zukunft

Besonders hart traf uns zum Jahresende schließlich die Nachricht, dass der Spiele-Star an den Geflüchtetenunterkünften ab 2026 nicht mehr gefördert wird. Diese Entscheidung erschüttert nicht nur unser Team, sondern auch die Menschen vor Ort sowie die Kinder und Jugendlichen. Wir prüfen aktuell, welche Möglichkeiten es gibt, weiterhin Angebote umzusetzen. Dennoch wissen wir derzeit nicht, ob wir uns nach zehn Jahren erfolgreicher Praxis auch vom Spiele-Star im Jahr 2026 verabschieden müssen. Wir halten euch auf dem Laufenden.

Innere Einkehr und organisationale Weiterentwicklung

Neben all dem war 2025 für uns auch ein Jahr intensiver Reflexion und Weiterentwicklung. Wir haben Strukturen verbessert, Prozesse angepasst und wichtige Themen bearbeitet – mit dem Ziel, Entlastung zu schaffen und unsere Praxis weiter zu verbessern. Dazu gehörten unter anderem:

  • die Weiterentwicklung unserer Organisationsstrukturen und die Stärkung der Selbstständigkeit der Projektteams,
  • die stärkere Integration agiler Arbeitsweisen,
  • Weiterbildungen, u.a. zu diskriminierungssensibler Jugendarbeit und Gewaltschutz,
  • die Weiterentwicklung unserer Wirkungslogik sowie der Wirkungsmessung und Berichterstattung,
  • das Erschließen und Erproben neuer Fundraisingwege.

Trotz vieler Schritte nach vorn bleiben zentrale Herausforderungen bestehen. Die politische und gesellschaftliche Entwicklung bereitet uns große Sorgen. Auch wenn der Start ins Jahr 2026 weniger unsicher erscheint als der ins Jahr 2025, bleiben die Rahmenbedingungen mehr als schwierig. Bewährte und wirkungsvolle Ansätze können jederzeit gestrichen werden und es besteht weder Planbarkeit noch Sicherheit.

Zum Abschluss und vielleicht als kleine Endjahres-Reflexion möchten wir eine Frage teilen, die aus einem von Jugendlichen mitgestalteten Bewerbungsverfahren stammt: „Was ist für dich Vertrauen?“

Wir haben auf jeden Fall Vertrauen in die kein Abseits!-Community, dass wir auch in 2026 zusammen viel bewegen können und zumindest im nächsten Jahr noch weiterkämpfen. Denn das höchste Hoch im Jahr 2025 waren nicht nur unsere Kinder, Jugendlichen, Freiwilligen und ihr Unterstützer*innen, sondern auch unser wundervolles Team, das zu jeder Zeit – auch in den Phasen der größten Ungewissheit – mit so viel positiver Energie, Zuversicht und Herz weitergemacht hat. Vielen Dank für alles und ruht euch gut aus – 2026 wird das Jahr des Pferdes mit viel Kraft und Energie! 😉

P.S. Und noch ein persönlicher Nachtrag: Ich habe diesen Sommer endlich meine Doktorarbeit eingereicht – eine „exzellente Dissertation“ sei es laut meiner Doktormutter geworden. Ich bin unheimlich stolz und glücklich und durfte den Moment der Abgabe im Büro mit zwei wundervollen Kolleginnen feiern. Das war so ein besonderes Erlebnis und ich werde diesen Moment nie vergessen. <3

Eure Gloria ❤️